VW ID.5 (2023) im Alltagstest: Ein Auto für Elektro-Einsteiger? (2024)

Jahrelang war der Umstieg von einem alten in ein neueres Auto kinderleicht. Man gibt seinen Golf 7 in Zahlung und erhält einen Golf 8. Easy. Das neue Modell hat dann zwar ein paar mehr Funktionen an Bord, aber am grundlegenden Prinzip des Autos und dessen Bedienung änderte sich nichts. Wenn jetzt aber der Schritt vom Verbrenner zum E-Fahrzeug ansteht, kann das bei manchen Menschen schon zu mittelschweren Angstzuständen führen. Zu Recht?

Um dieser Frage eine adäquate Antwort zu verpassen, haben wir uns einen VW ID.5 besorgt. Ein ID.3 oder ein ID.4 wären zwar auch möglich gewesen, aber das Auge soll ja mitfahren und dieses coupéhafte SUV sieht unserer Meinung nach im aktuellen MEB-Lineup des Herstellers noch am besten aus. (2024 folgt mit dem Tavascan der ID.5 von Cupra, aber das ist ein anderes Thema ... )

Und gute Optik ist beim Erstkontakt schon ein recht wichtiger Faktor. Also steht da jetzt für zwei Wochen ein weißer ID.5 in der Pro-Performance-Upgrade-Ausstattung bei uns auf dem Hof, der einen 150 kW (204 PS) starken Hinterradantrieb besitzt, welcher von einem 77-kWh-Akku (netto) gespeist wird.

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Vervollständigt wird das Testszenario durch eine entsprechend ausgewählte Testperson. Diese fährt aktuell (recht glücklich, weil sparsam und zuverlässig) einen dreitürigen 2016er Ford Fiesta mit 1,0-Liter-Saugbenziner, pendelt mit dem roten Flitzer drei Mal in der Woche je 50 Kilometer vom Wohnort ins Büro und zurück, unternimmt damit ausgedehnte Familienausflüge am Wochenende. Und – am aller wichtigsten – hat sie von E-Mobilltät keine Ahnung und ist Autos gegenüber absolut emotionslos.

Erstkontakt und kurze Einweisung

"Der sieht ja schick aus" sind die ersten Worte, die beim Zusammentreffen von Testfahrzeug und Testperson fallen. Gefolgt von ... "weiße Autos finde ich aber doch irgendwie langweilig". Man erkennt schon, wo die Reise hingeht.

Auf den zweiten Blick wird dann festgestellt, dass es sich um einen VW handelt. Mit ID.-Dingens als Namensbezeichnung kann man dann aber schon nichts mehr anfangen. Und das dieses "große Raumschiff" vollelektrisch fährt, wird mit "Ah, interessant" eher beiläufig als Fun-Fact hingenommen.

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Wir wollen wissen, ob eine kurze Einweisung nötig sei und bekommen zur Antwort, dass man schon einmal "einen VW gefahren ist". Auf Rückfrage stellen wir fest, dass es sich dabei um einen Lupo handelte. Baujahr 2001. Hier wird also jetzt jemand mit Nokia 3210-Kenntnissen auf das neueste Smartphone losgelassen. Na das kann ja heiter werden ...

Aus Angst vor panischen Anrufen eines Tankstellenbetreibers, dass jemand gerade versuchen würde, ein E-Auto mit Benzin oder Diesel zu befüllen, geben wir dann aber doch noch den einen oder anderen Tipp mit auf den Weg. Unter der Sonnenblende würde sich die Ladekarte für öffentliche Säulen befinden. Wo man die benutzen kann, lässt sich über die entsprechende App herausfinden.

Mit maximal 135 kW könne ein ID.5 unterwegs laden und über eine Haushaltssteckdose kann man den VW mit einem der Kabel im Kofferraum ebenfalls betanken. Das würde aber ziemlich lange dauern. Ob wir das Auto je wieder sehen werden? Lasset das Experiment beginnen!

14 Tage und rund 1.200 km später

Nach zwei Wochen erhalten wir den ID.5 zurück. Wohlbehalten. Mit einem abgelesenen Durchschnittsverbrauch von 19,6 kWh/100km, einem Akkustand von 48 Prozent, knapp 200 km Restreichweite und etwa 1.200 km mehr auf der Uhr.

Wir wollen wissen, wie die 14 Tage waren und werden erst einmal mit einem einfach "gut" abgefertigt. Kein Wort zum Fahrverhalten, kein Wort zur Ladeperformance oder Reichweitenangst, nichts übervermeintlich billige Materialanmutung im Innenraum oder Probleme bei der Bedienung des Infotainment-Systems. Gut. Mehr nicht.

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Also wollen wir es genauer wissen. Wie man denn das Fahrwerk, die Lenkung oder den Antrieb fand? Unauffällig. Die gute Beschleunigung macht Spaß und es sei immer so schön ruhig im Innenraum. Viel besser als bei einem Verbrenner. Man ist immer richtig entspannt im Büro angekommen, weil der ID.5 (mittlerweile sei der Name ein Begriff) ja auch so viel selbst machen würde. Bremsen und Lenken beispielsweise. Obwohl nichts eingestellt wurde. "Travel Assist" scheint also seinen Zweck zu erfüllen. Intuitiv.

Und die Ladethematik? Kein Problem! Unter der Woche habe man jeden Abend einfach die Haushaltssteckdose über Nacht okkupiert. "Morgens war das Auto dann wieder voll." Bei einer täglichen Fahrleistung von rund 100 Kilometern auch kein Thema.

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Zwei Buchungen auf der Ladekarte entdecken wir aber auch. Es wurde also öffentlich geladen. Jeweils bei einem schwedischen Möbelhaus zirka 250 Kilometer entfernt vom Wohnort. "Das war super einfach", wird uns attestiert. "Die Ladestopps wurden mir im Navi angezeigt und dann bin ich da halt hingefahren."

Welche Leistung die Säule gehabt habe und wie lange man hatte warten müssen? "Keine Ahnung?! Vielleicht 25 Minuten?! Habe jeweils einen kleinen Spaziergang mit dem Hund gemacht, der musste sich genauso bewegen wie ich." Reichweitenangst oder gelangweilte Stimmung durch vermeintliche Zwangspausen scheint es demnach nicht gegeben zu haben.

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Ob man sich jetzt vorstellen könne, dauerhaft einen ID.5 zu fahren? "Theoretisch schon." Allerdings mit Einschränkungen. Selbst mit viel Gepäck und Hund muss die Größe nämlich nicht sein (Abmessungen gibt's unten im Datenblatt) und der ganze Schnickschnack (gemeint ist die LED-Lichtbar im Armaturenbrett, das AR-Head-up-Display und das umfangreiche Infotainment) sind auch unwichtig.

Auf die Reichweite und die Ladegeschwindigkeit wolle man aber nicht verzichten. Und rund 50.000 Euro in der Basis sind zu teuer. "Kleiner, günstiger, weniger Ausstattung ... dann würde ich direkt elektrisch fahren. So wie der Lupo damals. Nur halt mit Strom." Bitte noch etwas Geduld ...

Fazit: Man würde, wenn man könnte ...

Mit modernen und aktuellen Elektroautos (und da zählt der VW ID.5 nunmal dazu) klappt die Verbrenner-Entwöhnung selbst ohne Vorerfahrung in der Regel auch beim Otto-Normal-Verbraucher. Wenn man sich darauf einlässt. Und dabei sind Fahrverhalten, Ladekurven und Materialwahlen halbwegs egal. Auf die Optik kommt es an, die intuitive Bedienbarkeit, die Raumausnutzung und das subjektive Zeitgefühl am Schnelllader. Und natürlich den Preis.

Das passende Gesamtpaket könnte in Zukunft der ID.2 schnüren. Rund 25.000 Euro ist da das Preisziel. Dann können mehr das Elektro-Abenteuer wagen, das bis dahin (und auch schon heute) eigentlich kein großes Abenteuer mehr ist.

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